TAG 10, 14. JANUAR 2012 - SUR

Sur

Wetter: Sonne, 28°

 

Wir sind heute einmal mehr eine Stunde später losgekommen als wir eigentlich wollten. Unser Plan war, die Stadt Sur zu erkunden. Und bis wir dann gefunden hatten, wo wir eigentlich hinwollten, erlebten wir wieder das Phänomen der ganzen Reise: zur Mittagszeit wurde mal wieder alles konsequent geschlossen – und alle Menschen verschwanden von den Straßen. Und so besichtigten wir mal wieder eine ausgestorbene Stadt – und das bei voller Mittagshitze. Wirklich keine gute Entscheidung. Wir liefen erst ein wenig planlos durch die leeren Gassen und entschieden dann entlang der „Corniche“, der Strandpromenade, wieder zurück zu laufen.

 

Und so liefen wir schwitzend, aber mit den Füßen im Wasser den Strand entlang. Auch hier fanden wir uns wieder in einer ungewohnten Situation wieder. An solch einem wunderbar breiten, langen Stadtstrand bei solch einer Hitze, hätten wir in Europa sicherlich zahlreiche Sonnenschirme und Badegäste im Wasser angetroffen. Allerdings nicht hier im Oman. Der Strand war bis auf ein paar Möwen und wenigen spielenden Kindern völlig ausgestorben. Hier ist es völlig ausgeschlossen, sich an den Strand zu legen und im Meer zu baden (zumal viele Omanis gar nicht schwimmen können) – vor allem als Frau.

Endlich am Strand

Schon bald wurde es uns aber auch hier zu heiß und so liefen wir zu unserem Auto zurück und machten uns auf den Weg in Richtung Ras al Hadd. Allerdings kamen wir nicht weit, denn ich entdeckte einen schönen Strand, der völlig menschenleer war – und so legten wir hier einen Halt ein. Allerdings hatten wir hierbei unseren Jeep ein wenig überschätzt. Denn der Gute machte im Sand schlapp… Und während die Reifen durchdrehten, wollte er weder nach vorne noch nach hinten weiterfahren. Doch auf einmal stand ein netter Omani neben uns und bot an, uns aus unserer misslichen Lagen zu helfen. Und so setzte er sich ans Steuer und fuhr den Wagen für uns aus dem tiefen Sand heraus. Wirklich solch ein nettes Volk, diese Omanis. Wie freundlich wir hier empfangen und immer wieder gegrüßt werden. Einfach einmalig.

 

Im Anschluss suchten wir uns dann am Strand eine Ecke, die ein wenig Sichtschutz bot, damit auch ich meinen Bikini anziehen konnte – ohne bei den Omanis irgendwelche Probleme zu erzeugen. Und dann ging es endlich rein in den Indischen Ozean. Das Wasser war angenehm erfrischend, aber nicht kalt. Endlich einmal im Meer baden!! Das war richtig schön – und so blieben wir fast 2 Stunden an unserem Platz.

 

Unsere Weiterfahrt nach Ras al Hadd wurde auch beim zweiten Versuch wieder unterbrochen, denn wir hatten das Gefühlt, dass mit unserem Auto etwas nicht stimmt. Und so machten wir uns auf den Weg zur nächsten Toyota Werkstatt. Hier wurde zwar festgestellt, dass die Reifen wieder einmal ausgewuchtet werden müssten – das aber auch gut und gerne nach unserer Rückkehr nach Muscat geschehen kann. Was für ein Glück. Es wäre ganz schön blöd gewesen, wenn wir auf einmal ohne Auto dagestanden wären. Und so fuhren wir direkt wieder zurück in die Stadt und ließen den Trubel des Abends auf uns wirken. Denn jetzt waren auf einmal richtig viele Menschen in den Straßen Surs unterwegs. Vor allem konnten wir hier - was uns überraschte - ganz viele Inder ausmachen.

 

Sur

Diese leben seit Beginn des internationalen Seehandels besonders häufig in den Küstenregionen des Omans. Mittlerweile leben sie mit ihren Familien seit Generationen hier und sind nationalisiert. Sie gehören als Handwerker, Kaufleute, Betreiber von Handwerksbetrieben oder mittlere Bedienstete zur omanischen Mittelschicht. Allerdings kamen seit dem Anbruch des Erdölzeitalters auch viele indische Hilfsarbeiter als Gastarbeiter ins Land, die heute eher zur omanischen Unterschicht zählen.

Mit Überraschung stellten wir fest, dass die Frauen hier komplett in schwarz verschleiert herumliefen. Das hatten wir in der Form im Oman nicht so erlebt. Obwohl die Kleidung im Oman tatsächlich eher traditionell orientiert ist. Es war selten, dass wir Männer oder Frauen in Jeans und T-Shirts antrafen. Wenn, dann waren es tatsächlich eher indische Männer, die westlich angezogen waren. Der omanische Mann trägt normalerweise die „dishdasha“, ein langärmeliges, hemdsähnliches Gewand aus weißer Baumwolle, das bis zum Knöchel reicht und gerade geschnitten ist. Die omanische „dishdasha“ schließt im Gegensatz zu anderen arabischen Kulturen mit einem bestickten, runden Kragen am Hals ab. Unter dem Gewand tragen omanische Männer einen Unterrock, der nichts anderes als ein mehrfach um die Hüften geschlungenes Tuch ist.

 

In Sur fanden wir jetzt auch zum ersten Mal einige Läden, in denen man die typisch omanische Kopfbedeckung, die „Kumma“ kaufen konnte. Denn tatsächlich haben wir während der ganzen Reise nur ganz selten Männer so ganz ohne Kopfbedeckung gesehen. Entweder trugen sie den typisch orientalischen Turban oder aber eine kunstvoll bestickte Kappe, eben diese „Kumma“. Diese besteht aus zwei Teilen: einem runden Deckel mit einem angenähten Seitenteil. Beide Teile sind mit bunten Stickereien verziert und bilden zahlreiche farbige Ornamente. Ursprünglich war es wohl die Aufgabe der Frauen, diese Kappen in mühevoller Kleinarbeit für ihre Männer und Söhne herzustellen – aber wie gesagt, mittlerweile gibt es wohl auch ganz viele Läden, in denen diese Kummas in jeder Farbe und Ausführung gekauft werden können. Interessant fand ich auch zu sehen, dass die Omanis Ihren Turban rund um die Kumma herumwickelten. Was einen sehr praktischen Nebeneffekt hatte: so konnten sie den Turban ganz einfach wie einen Hut abnehmen.

 

Omanische Frauen hüllen sich noch oft in eine schwarze „abbaya“. Bei der sonstigen Kleidung verwenden sie allerdings häufig auch bunte und gemusterte Stoffe. Immer bedecken ihre Kleider den ganzen Körper, einschließlich der Arme und Beine. Das weit geschnittene Überkleid ist knöchellang, bunt und reichlich bestickt. Darunter wird eine weite Hose getragen. Das große, bunte Kopftuch wird großflächig unter das Kinn und um den Kopf gewickelt. Nur das Gesicht bleibt meistens frei. Wobei wir in Sur ja feststellen konnten, dass das hier ein wenig anders ist. Die Burqa, mit der die Frauen ihr Gesicht verschleiern, ist hier weit verbreitet. Grund hierfür ist nicht nur die im Koran geforderte Verhüllung der Frau. Die Burqa wird hier vor allem auch zum Schutz der Haut vor Sonne, Staub und Sandstürmen getragen. Außerdem ist das Tragen der Burqa auch ein Zeichen dafür, dass eine Frau verheiratet ist. Meist legen die Frauen die Burqa wenige Tage nach der Hochzeit zum ersten Mal an. Wobei die Burqa durchaus auch als modisches Element zu sehen ist. Viele der Masken sind maßgeschneidert und sollen die Gesichtsform der Trägerin vorteilhaft zur Geltung bringen – oder auch davon ablenken.  

Sur by night

Auch während unseres Rundgangs durch das abendliche Sur wurden wir immer wieder von zahlreichen Menschen angesprochen, woher wir kommen und ob uns der Oman gefällt. Und dieses Mal auch von ein paar im Oman lebenden Tunesiern, die gerade den ersten Jahrestag der tunesischen Revolution feierten. Unheimlich nett, aber irgendwann wurde es dann auch ziemlich nervig…

Schließlich landeten wir dann endlich im „SurSea Restaurant“, das in unsrem Reiseführer empfohlen wurde, und aßen dort zu Abend. Und fielen danach wieder todmüde in unser Bett.